Ein Museum als Motor für gesellschaftlichen Wandel. Am Land und trotzdem kein Regionalmuseum?
Präsentationen & Diskussion
Raum: tbc
23.05.2024, 16:00 — 18:00
Sprecher*in(nen): Stefania Pitscheider Soraperra, Lisa Noggler-Gürtler
Das FMH Frauenmuseum Hittisau ist ein Museum, das sammelt, bewahrt, forscht, interpretiert und ausstellt. Ein Museum also, das tut, was ein Museum tun soll. Es ist aber auch ein lebendiger Schauplatz politischer Bildung im ländlichen Raum. Es macht Frauenbiografien sichtbar, setzt sich aktiv für Geschlechtergerechtigkeit und Diversität ein und hinterfragt traditionelle Erzählungen. Gleichzeitig thematisiert es Gewalt an Frauen* und Mädchen*, unfaire Bezahlung, strukturelle Hürden und intersektionale Diskriminierung. Es ist ein Ort des Diskurses und der Auseinandersetzung, stellt seit seiner Gründung im Jahr 2000 Fragen nach Gleichheit und Differenz in der Gesellschaft und erweitert historische Erzählungen um vergessene, marginalisierte und verleugnete Frauengeschichte. Wie ist das aber im ländlichen Raum möglich? Welche Strategien der Inklusion und Partizipation sind notwendig, um in einer Region bestehen zu können, in der das Frauen- und Familienbild äußerst traditionell ist und patriarchale Strukturen vorherrschen? Und wo verläuft die Grenze zum politischen Aktivismus? A museum as a motor for social change. In the countryside and yet not a regional museum? The FMH Women’s Museum Hittisau is a museum that collects, preserves, researches, interprets and exhibits. In other words, a museum that does what a museum should do. But it is also a lively venue for political education in rural areas. It makes women’s biographies visible, actively promotes gender equality and diversity and questions traditional narratives. At the same time, it addresses violence against women* and girls*, unfair pay, structural barriers and intersectional discrimination. It is a place of discourse and debate, has been asking questions about equality and difference in society since its foundation in 2000 and expands historical narratives to include forgotten, marginalised and denied women’s history. But how does this work in rural areas? What strategies of inclusion and participation are necessary in order to survive in a region where the image of women and families is rather traditional and patriarchal structures prevail? And where is the boundary to political activism?
Stefania Pitscheider Soraperra, Leiterin Frauenmuseum Hittisau
Den eigenen Standpunkt zur Diskussion stellen. Gesellschaftspolitik im „Museum am Land“
Im Museum der Völker (MdV) in Schwaz in Tirol werden die Publikumserwartungen heute mitunter nicht erfüllt, denn beharrlich und konstant wird der Blick von Besucher:innen auf sich selbst, auf die eigene Wahrnehmung, auf Themen wie Provenienz, Kolonialismus und Sexismus gelenkt. Im MdV treten Irritationen gehäuft auf – ein Zustand, der aber ganz und gar nicht nur Besucher:innen widerfährt, sondern auch immer wieder dem Museumsteam. Postkoloniale Vermittlungsansätze führen mitunter zu sehr kontrovers geführten Diskussionen mit und zwischen Besucher:innen. Dadurch aber verändert sich auch das Museum selbst und kann so zu einem gesellschaftlichen Verhandlungsraum werden. At the Museum der Völker (MdV) in Schwaz in Tyrol, the public’s expectations are sometimes not met, as visitors are constantly and persistently directed towards themselves, their own perceptions and topics such as provenance, colonialism and sexism. Irritations occur frequently at the MdV – a situation that is not only experienced by visitors, but also repeatedly by the museum team. Postcolonial mediation approaches sometimes lead to very controversial discussions with and between visitors. However, this also changes the museum itself and can thus become a social space for negotiation.
Mag.a Lisa Noggler-Gürtler, Leitung Museum der Völker, Schwaz und Kuratorin im Wien Museum